Sitzung 3 𝑧-Werte und Normalverteilung

Lernziele dieser Sitzung

Sie können…

  • \(z\)-Werte ermitteln.
  • Merkmale der Normalverteilung wiedergeben.
  • anhand einer normalverteilten Dichtefunktion…
    • Wahrscheinlichkeiten errechnen.
    • Perzentile errechnen.

3.1 Variationskoeffizient

Die Berechnung von Maßzahlen (Sitzung 2) vereinfacht es uns, auch große Verteilungen miteinander zu vergleichen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Kennwerte (wie arithmetisches Mittel, Standardabweichung) in derselben Maßeinheit (kg, cm, °C, etc.) vorliegen und einen vergleichbaren Maßstab haben.

Eine Möglichkeit, unabhängig hiervon eine Aussage über die relative Streuung zu treffen, ist der Variationskoeffizient (engl. coefficient of variation) \(v\). Er ist definiert als das (prozentuale) Verhältnis von Standardabweichung zu Mittelwert:

\[\begin{aligned} v=\frac{s}{|\bar{x}|}\cdot 100\% \end{aligned} \tag{3.1} \]

Zur Illustration: An zufälligen Tagen hat die Wetterstation auf dem Feldberg folgende Luftdruckwerte gemessen (in hPa):

1007,1  1003,4   990,7   994,2  1000,9   993,0  1016,0   983,9  1007,4   997,8  
 997,9  1000,2

Mit den bekannten Methoden (Sitzung 2) können wir das arithmetische Mittel \(\bar{x}\approx 999,37\) und die Standardabweichung \(s\approx8,56\) der Stichprobe bestimmen. Durch einsetzen dieser Werte in Formel (3.1) ergibt sich:

\[\begin{aligned} v&\approx\frac{8{,}56}{999{,}37}\cdot 100\%\\[4pt] &\approx0{,}86\% \end{aligned} \]

Da die Standardabweichung im Vergleich zu den absoluten Werten sehr klein ist, ist der Variationskoeffizient hier sehr klein.

Ein Problem ergibt sich, wenn der Mittelwert einer Verteilung nahe Null liegt (z. B. wenn die Reihe auch negative Messwerte enthält). Der Variationskoeffizient wird in diesem Fall sehr groß und verliert stark an Aussagekraft.

3.2 𝑧-Transformation

Ein weiterer Ansatz, Verteilungsmuster vergleichbar zu machen, ist die \(z\)-Transformation (auch Standardisierung, engl. standardization).

Für jeden der Messwerte lässt sich ein entsprechender \(z\)-Wert mit dieser Formel errechnen:

\[ z=\frac{x-\bar{x}}{s} \tag{3.2} \]

Der \(z\)-Wert eines Werts \(x\) ist also der Abstand des Werts zum arithmetischen Mittel \(\bar{x}\) der Verteilung, ausgedrückt im Verhältnis zu ihrer Standardabweichung \(s\).

Die einzelnen \(z\)-Werte für die Luftdruckmessungen ergeben sich wie in Tabelle 3.1 dargestellt.

Tabelle 3.1: \(z\)-Transformation
\(x_i\) Berechnung \(z_i\)
1007,1 \(z_{1}=\frac{1007,1-999,37}{8,56}\) 0,90
1003,4 \(z_{2}=\frac{1003,4-999,37}{8,56}\) 0,47
990,7 \(z_{3}=\frac{990,7-999,37}{8,56}\) -1,01
994,2 \(z_{4}=\frac{994,2-999,37}{8,56}\) -0,60
1000,9 \(z_{5}=\frac{1000,9-999,37}{8,56}\) 0,18
993,0 \(z_{6}=\frac{993-999,37}{8,56}\) -0,74
1016,0 \(z_{7}=\frac{1016-999,37}{8,56}\) 1,94
983,9 \(z_{8}=\frac{983,9-999,37}{8,56}\) -1,81
1007,4 \(z_{9}=\frac{1007,4-999,37}{8,56}\) 0,94
997,8 \(z_{10}=\frac{997,8-999,37}{8,56}\) -0,18
997,9 \(z_{11}=\frac{997,9-999,37}{8,56}\) -0,17
1000,2 \(z_{12}=\frac{1000,2-999,37}{8,56}\) 0,10

Eine so \(z\)-transformierte Verteilung hat immer automatisch das arithmetische Mittel \(\bar{z}=0\) und die Standardabweichung \(s_z=1\). Außerdem haben \(z\)-Werte keine Maßeinheit. So kann jede Verteilung standardisiert und systematisch vergleichbar gemacht werden.

Softwarehinweis
In R kann eine empirische Verteilung mit dem Behfehl scale() \(z\)-transformiert werden.

Andersherum lassen sich \(z\)-Werte folgendermaßen wieder umwandeln in \(x\)-Werte:

\[ x=s\cdot z+\bar{x} \tag{3.3} \]

3.3 Normalverteilung

Dichtefunktionen verschiedener Normalverteilungen

Abbildung 3.1: Dichtefunktionen verschiedener Normalverteilungen

Die Normalverteilung (auch: Gaußverteilung, engl. normal distribution) ist unimodal und symmetrisch. Die Normalverteilung ist eine theoretische Verteilung, für die bekannt ist, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Werte unter- und überschritten werden bzw. mit welcher Wahrscheinlichkeit Werte in einem bestimmten Intervall liegen.

Die Dichtefunktion einer Normalverteilung hat eine markante Glockenform (s. Abbildungen 3.1 und 3.2). Die beiden Wendepunkte einer Normalverteilung (also dort, wo die Steigung zwischen zu- und abnehmend wechselt; oder mathematisch: wo die Ableitung der Dichtefunktion einen Extremwert annimmt) sind je eine Standardabweichung vom Mittelwert entfernt.

Die Dichtefunktion nimmt nie den Wert Null an – Extremwerte sind also sehr selten bzw. unwahrscheinlich, aber nie unmöglich. Perfekte Normalverteilungen kommen in empirischen Beobachtungen nicht vor, sondern nur Annäherungen.

Da es sich um eine theoretische Verteilung handelt, ist die Normalverteilung zunächst insbesondere in Bezug auf die Grundgesamtheit interessant. Im Kontext der Grundgesamtheit wird das arithmetische Mittel mit \(\mu\) () und die Standardabweichung mit \(\sigma\) (Sigma) bezeichnet (s. Tabelle 3.2).

Tabelle 3.2: Bezeichnung von Parametern in Stichprobe und Grundgesamtheit
Parameter Stichprobe Grundgesamtheit
Anzahl Elemente \(n\) \(N\)
Arithmetisches Mittel \(\bar{x}\) \(\mu\)
Varianz \(s^2\) \(\sigma^2\)
Standardabweichung \(s\) \(\sigma\)

Jede Normalverteilung lässt sich anhand von zwei Parametern beschreiben: ihr arithmetisches Mittel und ihre Standardabweichung. Normalverteilte Grundgesamtheiten werden so notiert:

\[\begin{aligned} x \sim N(\mu,\enspace\sigma^2) \end{aligned} \tag{3.4}\]

Der Mittelwert \(\mu\) bestimmt die Lage der Kurve auf der x-Achse, die Varianz \(\sigma^2\) bestimmt die Stauchung der Kurve (je größer desto flacher). Es gibt also unendlich viele verschiedene Normalverteilungen (s. Abbildung 3.1).

3.4 Standardnormalverteilung

Die Standardnormalverteilung (engl. standard normal distribution) ist sozusagen das Grundmuster aller Normalverteilungen. Sie hat den Mittelwert \(\mu=0\) und die Standardabweichung \(\sigma=1\) (s. Abbildung 3.2).

Alle Normalverteilungen lassen sich durch die \(z\)-Transformation auf die Standardnormalverteilung standardisieren.

Dichtefunktion der Standardnormalverteilung

Abbildung 3.2: Dichtefunktion der Standardnormalverteilung

3.5 Crash-Kurs Wahrscheinlichkeitsrechnung

Ein Zufallsexperiment ist ein beliebig oft wiederholbarer, nach bestimmten Vorschriften ausgeführter Versuch, dessen Ergebnis zufallsbedingt ist (d. h. nicht eindeutig voraussagbar ist).

Jedem zufälligen Ereignis \(A\) ist eine bestimmte Wahrscheinlichkeit des Auftretens (engl. probability) \(P(A)\) zugeordnet, die der Ungleichung \(0 \leq P(A) \leq 1\) genügt (d. h. zwischen 0 und 1 liegt).

Die Wahrscheinlichkeit eines sicheren Ergebnisses A ist \(P(A) = 1\). Hingegen würde \(P(B) = 0\) bedeuten, dass das Ereignis B nicht eintreten kann. Die Summe der Wahrscheinlichkeiten aller möglichen Ereignisse beträgt 1.

Der Additionssatz besagt: Die Wahrscheinlichkeit, dass eins von verschiedenen zufälligen, sich gegenseitig ausschließenden Ereignissen eintritt, ist die Summe ihrer Wahrscheinlichkeiten.

Der Multiplikationssatz besagt: Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten zweier voneinander unabhängiger Ereignisse ist gleich dem Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten.

3.6 Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen

Die Fläche unter einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (engl. probability density function) beträgt genau 1.

Das Perzentil \(x_p\) (engl. percentile) ist definiert als der Wert, unter dem der Anteil \(p\) der Verteilung liegt. In Sitzung 2 haben wir also bereits den Median \(x_{50\%}\) sowie die Angelpunkte \(Q_1=x_{25\%}\) und \(Q_3=x_{75\%}\) kennengelernt.

Die Fläche unter einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion innerhalb der Limits \(-\infty\) und \(x_p\) beträgt \(p\). Für einen zufälligen Wert \(x\) ist die Wahrscheinlichkeit \(P(x < x_p) = p\), dass er kleiner als \(x_p\) ausfällt. Für die Standardnormalverteilung finden sich die \(p\)-Werte für positive \(z\) in der Wertetabelle in der Formelsammlung.2

3.7 Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Standardnormalverteilung

Für die im Rest dieser Sitzung vorgestellten Verfahren müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

  • Die Grundgesamtheit ist (annähernd) normalverteilt.
  • Arithmetisches Mittel \(\mu\) und Standardabweichung \(\sigma\) der Grundgesamtheit sind bekannt.

Die Verfahren sollen anhand eines Beispiels illustriert werden: Es sei bekannt, dass der Luftdruck auf dem Feldberg annähernd normalverteilt ist, und zwar mit dem arithmetischen Mittel \(\mu=1003\) und Varianz \(\sigma^2=73\). Graphisch stellt sich die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion wie in Abbildung 3.3 dar.

Theoretische Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion des Luftdrucks

Abbildung 3.3: Theoretische Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion des Luftdrucks

Wir können auch (analog zu Formel (3.4)) schreiben:

\[ x \sim N(1003,\enspace73) \]

Daraus ergibt sich für die Standardabweichung \(\sigma\):

\[\begin{aligned} \sigma&=\sqrt{\sigma^2}\\ &=\sqrt{73}\\ &\approx8{,}54 \end{aligned}\]

3.7.1 Unterschreitungswahrscheinlichkeit

Die einfachste Art der Fragestellung ist nun, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein bestimmter Wert \(x_p\) unterschritten wird.

Nehmen wir an, es sei gefragt, mit welcher Wahrscheinlichkeit zu einem beliebigen Zeitpunkt der Luftdruck weniger als 1015 hPa beträgt. Anders gesagt interessiert uns der Anteil der Fläche unter der Verteilung, der zwischen \(-\infty\) und \(x_p=1015\) liegt (s. Abbildung 3.4).

Unterschreitung eines Messwerts

Abbildung 3.4: Unterschreitung eines Messwerts

Um den entsprechenden Wert für \(P(x < x_p)\) (also die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufälliges \(x\) unser Perzentil \(x_p\) unterschreitet) in Erfahrung zu bringen, müssen wir die Verteilung zunächst standardisieren. Der Wert \(z_p\) ergibt sich aus der Formel für die \(z\)-Transformation, diesmal jedoch mit \(\mu\) statt \(\bar{x}\) und \(\sigma\) statt \(s\), da es sich um die Grundgesamtheit handelt:

\[\begin{aligned} z_p &= \frac{x_p-\mu}{\sigma} \\[4pt] &\approx \frac{1015-1003}{8{,}54}\\[4pt] &\approx 1{,}41 \end{aligned} \]

Graphisch ist das standardisierte Perzentil in Abbildung 3.5 dargestellt.

Standardnormalverteilung des Luftdrucks

Abbildung 3.5: Standardnormalverteilung des Luftdrucks

Die Wertetabelle für die Standardnormalverteilung gibt für \(z\)-Werte die Wahrscheinlichkeit ihrer Unterschreitung in ener Normalverteilung an. Diese Wahrscheinlichkeit kann notiert werden als \(P(z < z_p)\).

Der Wertetabelle können wir den Wert \(P(z < 1{,}41) \approx 0{,}9207\) entnehmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Luftdruck zu einem zufälligen Zeitpunkt weniger als 1015 hPA beträgt, ist somit 92,07%.

Softwarehinweis
In R lässt sich die Unterschreitungswahrscheinlichkeit eines \(z\)-Werts mit dem Befehl pnorm() ermitteln.

3.7.1.1 Überschreitungswahrscheinlichkeit

Wird nach der Wahrscheinlichkeit der Überschreitung eines Werts gefragt, ist in anderen Worten die Fläche unter der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion zwischen \(x_p\) und \(\infty\) gemeint. Wir bleiben bei unserem Beispiel \(x_p=1015\) (s. Abbildung 3.6).

Überschreitung eines Messwerts

Abbildung 3.6: Überschreitung eines Messwerts

Hier können wir genauso wie bei der Unterschreitung \(z_p=1{,}41\) errechnen.

Jetzt stehen wir zunächst vor dem Problem, dass die \(p\)-Werte in der Tabelle immer die Wahrscheinlichkeit der Unterschreitung darstellen. Wir wissen jedoch: Die gesamte Fläche unter der Verteilung ist 1, und die Wahrscheinlichkeiten der Unter- und Überschreitung sind komplementär, d. H. einer von beiden Fällen tritt sicher (mit einer Wahrscheinlichkeit von 100%) ein. (Den Sonderfall \(x=x_p\) können wir bei stetigen Variablen vernachlässigen.)

Hieraus ergibt sich ganz allgemein:

\[ \begin{aligned} P(x \geq x_p) = 1-P(x<x_p) \end{aligned} \tag{3.5} \]

Und für unser Beispiel:

\[ \begin{aligned} P(x \geq 1015) &= 1-P(x < 1015) \\ &\approx1-P(z < 1,41)\\ &\approx1-0{,}9207\\ &= 0{,}0793 \end{aligned} \]

In 7,93% der Fälle beträgt der Luftdruck also über 1015 hPA.

3.7.1.2 Negativer \(z\)-Wert

Wenn nach der Unterschreitungswahrscheinlichkeit eines unterdurchschnittlichen Werts gefragt ist (z. B. 990 hPA), dann ergibt sich ein negativer Wert für \(z_p\):

\[\begin{equation} \begin{aligned} z_p &= \frac{x_p-\mu}{\sigma} \\[4pt] &= \frac{990-1003}{8{,}54} \\[4pt] &\approx -1{,}52 \end{aligned} \end{equation}\]

Die Wertetabelle enthält keine \(p\) für negative \(z_p\). Da die Standardnormalverteilung jedoch um \(z=0\) symmetrisch ist, gilt ganz allgemein:

\[ \begin{aligned} P(z < -z_p) = 1 - P(z < z_p) \end{aligned} \tag{3.6} \]

Für unser Beispiel ergibt sich (mit dem Wert \(P(z < 1,52) = 0{,}9357\) aus der Tabelle):

\[ \begin{aligned} P(z < -1,52) &= 1 - P(z < 1,52) \\ &\approx 1-0{,}9357 \\ &=0{,}0643 \end{aligned} \]

Ein Luftdruck von 990 hPa wird also nur in ca. 6,43% der Fälle unterschritten.

Softwarehinweis
Der Befehl pnorm() funktioniert auch mit negativen \(z\)-Werten.

3.7.1.3 Wert in einem Intervall

Nun wollen wir wissen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein zufälliger Meßwert zwischen 1005 und 1015 hPa liegt. Graphisch ist dies in Abbildung 3.7 aufbereitet.

Messwertintervall

Abbildung 3.7: Messwertintervall

Rechnerisch müssen wir also von den (günstigen) Fällen, in denen 1015 hPA unterschritten werden, noch jene (ungünstige) Fälle abziehen, in denen die 1005 hPA ebenfalls unterschritten werden.

Ganz allgemein heißt das für die Untergrenze \(x_u\) und die Obergrenze \(x_o\):

\[\begin{aligned} P(x_{u} \leq x < x_{o}) = P(x < x_{o}) - P(x < x_{u}) \end{aligned} \tag{3.7} \]

Für unseren Fall ist \(x_u=1005\) und \(x_o=1015\). In den vorherigen Aufgaben haben wir \(z_o\approx1,41\) bereits ermittelt. Wir müssen aber noch \(z_u\) ermitteln:

\[\begin{aligned} z_u &= \frac{x_u-\mu}{\sigma} \\[4pt] &= \frac{1005-1003}{8{,}54} \\[4pt] &\approx 0{,}23 \end{aligned}\]

Dann können wir die entsprechende Wahrscheinlichkeit berechnen, indem wir wieder die Werte aus der Wertetabelle einsetzen:

\[ \begin{aligned} P(1005 \leq x < 1015) &= P(x < 1015) - P(x < 1005) \\ &\approx P(z < 1{,}41) - P(z < 0{,}23) \\ &\approx 0{,}9207- 0{,}5910 \\ &= 0{,}3297 \end{aligned} \]

Der Luftdruck liegt also mit einer Wahrscheinlichkeit von 32,97% zwischen 1005 und 1015 hPa.

3.7.1.4 Gesuchter Wert bei gegebener Wahrscheinlichkeit

Die Fragerichtung lässt sich umdrehen: Welche Marke wird beim Messen des Luftdrucks nur in 5% der Fälle überschritten?

5% Überschreitungswahrscheinlichkeit entsprechen einer Unterschreitungswahrscheinlichkeit von 95%. Welcher Wert wird also mit 95% Wahrscheinlichkeit unterschritten?

Der Tabelle entnehmen wir, dass einer Unterschreitungswahrscheinlichkeit von 0,95 ein \(z\)-Wert zwischen 1,64 und 1,65 entspricht. Da es bei dieser Fragestellungen oft darum geht, einen kritischen Wert zu nennen, der nur in Ausnahmefällen überschritten wird, nehmen wir hier üblicherweise den extremeren Wert, also \(z_{95\%}\approx 1,65\).

Mit der umgekehrten \(z\)-Transformation erhalten wir:

\[ \begin{aligned} x_{95\%}&=z_{95\%}\cdot \sigma + \mu \\ &\approx 1{,}65\cdot 8{,}54 + 1003\\ &\approx 1017{,}10 \end{aligned} \]

Die Marke von 1017,10 hPa wird also nur in 5% der Fälle überschritten.

Softwarehinweis
Das Perzentil für eine gegebene Unterschreitungswahrscheinlichkeit lässt sich in R mit qnorm() bestimmen.

3.7.1.5 Gesuchte Grenzwerte eines Intervalls

Eine übliche Art der Fragestellung ist auch: Zwischen welchen beiden Werten liegen die mittleren 85% der Fälle (s. Abbiddung 3.8)?

Die mittleren 85\% der Normalverteilung

Abbildung 3.8: Die mittleren 85% der Normalverteilung

Da die Verteilung symmetrisch ist, teilen sich die ungünstigen 15% der Fälle gleichmäßig an den oberen und unteren Rand der Verteilung auf. Die Obergrenze \(x_o\) ist also der Wert, der zu 7,5% über- und damit zu 92,5% unterschritten wird.

Der Tabelle entnehmen wir den Wert \(z_o=z_{92,5\%}\approx1{,}44\).

Die Untergrenze ist entsprechend der Wert, der in 7,5% der Fälle unterschritten wird.

Der Wert für \(z_u=z_{7{,}5\%}\) ist in der Tabelle nicht enthalten. Weil die Verteilung aber symmetrisch ist, wissen wir uns zu helfen:

\[ \begin{aligned} z_u=z_{7{,}5\%}=-z_{92{,}5\%}\approx-1{,}44 \end{aligned} \]

Die absoluten Werte ergeben sich schließlich aus:

\[ \begin{aligned} x_u&=z_u\cdot \sigma + \mu \\ &\approx-1{,}44 \cdot 8{,}54 + 1003\\ &\approx990{,}70 \end{aligned} \]

Und:

\[ \begin{aligned} x_o&=z_o\cdot \sigma + \mu \\ &\approx1{,}44 \cdot 8{,}54 + 1003\\ & \approx 1015{,}30 \end{aligned} \]

Die mittleren 85% der Messwerte liegen also zwischen 990,7 und 1015,3 hPa.

Tipps zur Vertiefung

3.7.2 Variationskoeffizient

3.7.3 \(z\)-Transformation

3.7.4 Normalverteilung

3.7.5 Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion

Übungsaufgaben

3.7.6 Aufgabe 3-1

zur Lösung

  1. Führen Sie eine \(z\)-Transformation der folgenden Verteilung durch:

    -16,93  -16,09  -10,97  -3,77  -25,55  -20,57  -23,61  -25,9  -27,08
  2. Sie kennen das arithmetische Mittel (221,54) und die Varianz (13,02) einer Verteilung. Welche \(x\)-Werte entsprechen diesen \(z\)-Werten?

    0,9  -1,4  1,12  -0,33  2,22  0,15  2,87  0,4  -1,54  0,13  -0,17  0,68

3.7.7 Aufgabe 3-2

zur Lösung

Gegeben sei eine Normalverteilung beschrieben durch:

\[x \sim N(32{,}2,\enspace19{,}36)\]

  1. Mit welcher Wahrscheinlichkeit werden die folgenden Werte unterschritten?

    40,63  20,77  33,41  44,95  41,91  32,95
  2. Welche Werte werden jeweils mit der folgenden Wahrscheinlichkeit über(!)schritten?

    1,5%  2,5%  5%  13%  50%  90%  99%  99,5%
  3. In welchem Bereich liegen die mittleren 95% der Werte?

  4. Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Wert zwischen 30 und 40 liegt?

3.7.8 Aufgabe 3-3

zur Lösung

Deiche werden durch Wasserdruck bei Hochwasser belastet und dadurch beschädigt. Bei einem 12 m hohen Deich gilt als kritische Marke ein Wasserstand von 10 m. Die jährlichen Höchstwasserstände des Flusses sind normalverteilt mit einem Mittelwert von 9,01 m und einer Standardabweichung von 2,23 m.

In den folgenden Teilaufgaben beantworten wir Schritt für Schritt die Frage, wie wahrscheinlich es (für ein beliebiges Jahr) ist, dass der Deich das jährliche Hochwasser ohne Beschädigung übersteht, d. h. dass ein Höchstwasserstand von 10 m oder weniger eintritt.

  1. Zeichnen Sie die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (ganz grob, ohne \(y\)-Achse).
  2. Markieren Sie den kritischen Wert 10 m.
  3. Welchem \(z\)-Wert entspricht die kritische Marke von 10 ?
  4. Mit welcher Wahrscheinlichkeit bleibt der Deich in einem gegebenen Jahr unbeschädigt (Höchstwasserstand unter der kritischen Marke von 10 m)?

3.7.9 Aufgabe 3-4

zur Lösung

Wir bleiben beim Deich aus Aufgabe 3.

  1. Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird der Deich beschädigt (Wasserstand über 10 m)?
  2. Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird der Deich nicht nur beschädigt, sondern läuft über (Wasserstand über 12 m)?
  3. Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird der Deich beschädigt, läuft aber nicht über (Wasserstand zwischen 10 und 12 m)?
  4. In welchen Grenzen liegen die mittleren 80% der Hochwasserstände?

3.7.10 Aufgabe 3-5

zur Lösung

Es ist ein neuer Deich zu bauen, der so sicher sein soll, dass er nur alle 200 Jahre vom Hochwasser übertreten wird.

  1. Welcher Wahrscheinlichkeitswert \(p=P(x < x_p)\) ist anzuwenden, d. h. wie wahrscheinlich ist die Unterschreitung eines zweihundertjährigen Hochwassers?
  2. Mit welchem \(z\)-Wert korrespondiert der gesuchte Wert \(x_p\)?
  3. Wie hoch muss dieser Deich sein? (Welcher Wert \(x_p\) entspricht diesem \(z_p\)?)

3.7.11 Aufgabe 3-6

zur Lösung

Die jährlichen Niederschlagsmengen in Mittelstedt betragen im Durchschnitt 400 mm bei annähernder Normalverteilung und einer Standardabweichung von 100 mm.

  1. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass mehr als 500 mm Niederschlag fallen?
  2. Wie oft pro hundert Jahre kann mit weniger als 200 mm Niederschlag gerechnet werden?
  3. Mit welcher Wahrscheinlichkeit fallen zwischen 200 und 550 mm Niederschlag?
  4. Welche Niederschlagsmenge wird wahrscheinlich in nur 2 von 100 Jahren übertroffen?
  5. In welchen Grenzen liegen die mittleren 75% der jährlichen Niederschlagsmenge?

3.7.12 Aufgabe 3-7

zur Lösung

Errechnen Sie für die Verteilungen in Aufgabe 5 aus Sitzung 2 jeweils den Variationskoeffizienten.

Quellenverzeichnis

Bahrenberg, Gerhard, Ernst Giese und Josef Nipper. 2010. Statistische Methoden in der Geographie. Bd. 1. Univariate und bivariate Statistik. Stuttgart: Bornträger.
Benninghaus, Hans. 2007. Deskriptive Statistik. Eine Einführung für Sozialwissenschaftler. Wiesbaden: VS Verlag.
Bortz, Jürgen und Christof Schuster. 2010. Statistik für Human- und Sozialwissenschaftler. Berlin: Springer.
Burt, James E. und Gerald M. Barber. 1996. Elementary statistics for geographers. 2nd ed. New York: Guilford Press.
Lange, Norbert de und Josef Nipper. 2018. Quantitative Methodik in der Geographie. UTB Geographie, Methoden, Statistische Verfahren 4933. Paderborn: Ferdinand Schöningh.

  1. Manchmal wird die Funktion \(z_p \rightarrow P(z < z_p)\) für normalverteilte Werte auch mit \(\Phi(z)\) bezeichnet (z. B. in Bahrenberg, Giese und Nipper 2010).↩︎