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Johann Wolfgang Goethe-Universität

Frankfurt am Main

Institut für Physikalische und Theoretische Chemie


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Photochemie mit Singulettsauerstoff

Allgemeine Reaktionskinetik

  • Kinetik photoinduzierter Reaktionen
  • Das Reaktionsvolumen der Kontaktkomplexbildung
  • Reaktionskinetik der durch Oxazaborolidine enantioselektiv katalysierten Reduktion von prochiralen Ketonen mit Boranreagentien

  • Endoperoxide aromatischer Verbindungen, eine hochinteressante Verbindungsklasse

    Bei der selbstsensibilisierten Photooxygenierung aromatischer Verbindungen (A) entstehen durch Reaktion von A mit dem metastabilen O2(1Dg) Singulettsauerstoff Endoperoxide (APOs). Die Photochemie der Endoperoxide nimmt eine Sonderstellung ein, siehe auch unseren neuesten Übersichtsartikel Ref 121. Man beobachtet Reaktionen aus höher angeregten Zuständen (eine der seltenen Ausnahmen von der Kasha Regel) und zwei miteinander konkurrierende Reaktionskanäle: (1) Die irreversible Umlagerungsreaktion erfolgt aus dem niedrigsten S1 Anregungszustand. (2) Die Cycloreversion, bei der Aromat und Singulettsauerstoff zurückgebildet werden, erfolgt bei Anregung höhere Singulettzustände Sn oder Triplettzustände Tn mit n>=2. Refs. 17,19, 23, 28,30,37-39,43-45,47-49,66,77,82,121.

    Unsere zeitaufgelösten Untersuchungen an APOs mit ps bzw. fs Auflösung haben gezeigt, daß die Photocycloreversion ein extrem schneller Zweistufenprozeß ist. Der erste C-O Bindungsbruch benötigt weniger als 350 fs, der zweite, der zur endgültigen Wiederherstellung des Aromaten führt, braucht je nach APO zwischen 1.6 und 75 ps. Refs. 46,61,63,68,72,121.
     
     

    Photochrome Systeme, eine farbige Geschichte mit Anwendungsperspektiven

    Da die Spektren von APO und A weit auseinander liegen (A absorbiert im VIS, APO nur im UV) und A stark fluoresziert, APO aber nicht, gibt es unter den Systemen APO/A hochempfindliche und hochreversible photochrome Systeme, die für Datenspeicherung geeignet sind. Refs. 16,27,30,45,67,88,121. Ein photochromes System wurde entwickelt, das je nach Bestrahlungswellenlänge vollständig zum APO ausgebleicht oder ganz ohne Ausbleichen gelesen werden kann. Ref 30.
     
     

    Chemische Aktinometer, Lichtmeßgeräte

    Chemische Aktinometer sind wohldefinierte photochemische Reaktionssysteme, die zur einfachen  aber verläßlichen Bestimmung einer Bestrahlungsdosis von UV/VIS Strahlung kalibriert wurden. Auf der Basis der sauberen Photochemie einiger Photooxygenierungsreaktionen sind von uns sehr genaue und verläßliche chemische Aktinometer entwickelt worden. Unter Benutzung eines hochreversiblen photochromen Systems APO/A wurde sogar ein wiederverwendbares chemisches Aktinometer vorgestellt. Refs. 32,33,42,43,55,58,65,123.
     
     

    O2(1Dg) und O2(1Sg+) Singulettsauerstoff Standards, der Eichmeister unterwegs

    Mit Phenalenon haben wir einen Sensibilisator von Singulettsauerstoff untersucht, der sich durch eine Quantenausbeute der Interkombination nach T1 von Eins durch Absorption im UV und VIS und durch akzeptable Löslichkeit in Lösungsmitteln sämtlicher Polarität auszeichnet. Für diesen Sensibilisator haben wir Quantenausbeuten der Bildung von Singulettsauerstoff in 13 Lösungsmitteln unterschiedlichster Polarität (von H2O bis CCl4) mit verschiedenen Methoden gemessen. Diese Werte liegen alle nahe bei Eins. Mit unseren Ergebnissen konnten wir Phenalenon als bisher einzigen universellen Standard zur quantitativen Bestimmung von Singulettsauerstoff O2(1Dg) in Lösung etablieren. Mittels zeitaufgelöster Emissionsspektroskopie im NIR haben wir für Phenalenon auch einen Absolutwert für die Quantenausbeute der Sensibilisierung von O2(1Sg+) in CCl4 bestimmt. Damit ist Phenalenon der bisher einzige Standard für die quantitative Bestimmung von O2(1Sg+) in CCl4. Refs.84,86.

    Diese Projekte wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell unterstützt. 
     
     


    Allgemeine Reaktionskinetik

    Kinetik der photoinduzierten Spaltung von (Coumarin-4-yl)methyl Estern

    Die Freisetzung biologisch aktiver Verbindungen aus inaktiven Vorläufern (Phototrigger, caged compounds) ist ein sehr nützliches Werkzeug für das Studium der schnellen Kinetik und der räumlichen Verteilung der biologischen Antwort in Zellen oder Gewebekulturen. In Phototriggern ist die biologische Erkennung oder Aktivität eines Wirkstoffs durch chemische Modifikation mit einer photolabilen Schutzgruppe (caging group) ausgeschaltet. Erst durch Lichtabsorption wird die Schutzgruppe abgespalten und der Wirkstoff freigesetzt. (Coumarin-4-yl)methyl Derivate sind neu entwickelte photolabile Schutzgruppen und wurden bereits erfolgreich zum Aus- und Anschalten der biologischen Aktivität einer Reihe von Wirkstoffen verwendet. In enger Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von Prof. Jürgen Bendig, Humboldt Universität Berlin, und Dr. Volker Hagen, Institut für Molekulare Pharmakologie Berlin, haben wir die Photokinetik einer Reihe von (Coumarin-4-yl)methyl caged compounds untersucht, refs. 105,117. Die Kombination von photochemischen und Fluoreszenz Quantenausbeuten mit zeitaufgelösten Fluoreszenzmessungen zeigt, dass die Photospaltung dieser Phototrigger äußerst schnell ist. Die Bildung des stark fluoreszierenden (6,7-dimethoxycoumarin-4-yl)methyl Alkohols aus den entsprechenden Estern mit Diethylphosphorsäure und Methylphosphorsäure erfolgt sogar schon während eines Anregungspulses von 0.5 ns Dauer. Beide caged compounds gehören zu den schnellsten Phototriggern, ref. 127. (Coumarin-4-yl)methyl caged compounds sind excellente Phototrigger mit breitem Anwendungspotential, refs. 125,128.
     

    Diese Untersuchungen wurden von der Adolf Messer Stiftung unterstützt. 
     
     

    Das Reaktionsvolumen der Kontaktkomplexbildung

    Arbeiten zur Bestimmung und Interpretation von Aktivierungs- und Reaktionsvolumina mittels Hochdruckkinetik oder photoakustischer Kalorimetrie. Hierbei interessiert insbesondere das Reaktionsvolumen der Kontaktkomplexbildung. Dieser Prozeß tritt als vorgelagertes Gleichgewicht bei jeder bimolekularen Reaktion auf. Unsere Untersuchungen zeigen, daß bei der Bildung des Kontaktkomplexes - also noch ohne Ausbildung einer chemischen Bindung - in unpolaren Lösungsmitteln das Reaktionsvolumen  -10 ml mol-1 und mehr beträgt. Dies hat wesentliche Konsequenzen für die Interpretation von Aktivierungs- und Reaktionsvolumina. Refs. 9-11,14,24,40,54,57,74,93, 95,98,101.
     
     
     

    Reaktionskinetik der durch Oxazaborolidine enantioselektiv katalysierten Reduktion von prochiralen Ketonen mit Boranreagentien

    Die biologische und pharmazeutische Wirksamkeit chiraler Verbindungen ist im allgemeinen auf nur eine Enantiomerenform begrenzt. Die andere Form ist entweder nicht wirksam oder hat gar, wie im Fall des Wirkstoffs von Contergan, verheerende Wirkungen. Da bei einer chemischen Synthese von chiralen Verbindungen immer nur das racemische Gemisch entsteht, bei dem beide Enantiomeren in gleichen Teilen vorhanden sind, ist die Herstellung von biologischen Wirkstoffen häufig mit aufwendigen und kostenintensiven Reinigungsprozeduren zur Abtrennung des unerwünschten Enantiomeren verbunden. Deshalb wird die gezielte Herstellung enantiomerenreiner Verbindungen aus ökonomischen und ökologischen Gründen immer wichtiger.

    Die durch Oxazaborolidine (OABs) katalysierte enantioselektive Reduktion von Ketonen mit Boranreagentien, die sogenannte Corey-Bakshi-Shibata (CBS) Reaktion, hat wegen ihres hohen synthetischen Potentials große Aufmerksamkeit gefunden. Je nach Keton, OAB, Reduktionsmittel und Reaktionsführung werden unterschiedliche, häufig aber sehr hohe Enantiomerenüberschüsse (bis zu 99% ee) erzielt. Viele Studien haben sich mit der weiteren Verbesserung der Enantioselektivität beschäftigt. Da es aber keine Informationen über die Reaktionsgeschwindigkeiten der katalysierten enantioselektiven und der mit ihr konkurrierenden direkten racemischen Boranreduktion gab, waren diese Optimierungsversuche jedoch im wesentlichen empirischer Natur. Deshalb ist für jedes System immer noch eine beträchtliche experimentelle Feinabstimmung zur Ermittlung der optimalen Reaktionsparameter für hohe ee Werte notwendig. Das zeigt, daß reaktionskinetische Untersuchungen, die wesentliche Informationen über die geschwindigkeitsbestimmenden Schritte der direkten und der katalysierten Reduktion liefern können, für ein besseres Verständnis dieser sehr interessanten und wichtigen Reaktion unbedingt erforderlich sind.

    Solche Untersuchungen wurden in unserer Arbeitsgruppe erstmals durchgeführt. Es wurden die direkte und die durch vier verschiedene OABs katalysierte Reduktion des prochiralen Ketons Pinakolon (P) durch Boran-THF (B-T), Boran-DMS (B-D) und Catecholboran (CB) in THF untersucht. Schon die ebenfalls studierten direkten Reduktionen zeigen komplexe zusammengesetzte Kinetiken. Für B-T und B-D sind die Hauptreaktionen erster Ordnung in P und Boranreagenz, für CB jedoch ist die Reaktion nullter Ordnung in P und zweiter Ordnung in CB! Dennoch gelang es, diese Kinetiken durch numerische Integration quantitativ zu beschreiben. 

    Die eigentliche katalysierte Reduktion konkurriert mit der direkten Reduktion. Für die Boranreagentien B-T und B-D ergibt sich ein sehr ähnliches Verhalten. In der Reihe der vier OABs verschiebt sich die Reaktionsordnung in P von erster nach nullter Ordnung. Die Reaktionsordnung im OAB ist jeweils 1, im Boranreagenz kleiner als 1. Für eines der OABs läßt sich der gesamte katalytische Zyklus durch numerische Integration quantitativ beschreiben. Der Vergleich der vier OABs zeigt, daß der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der Katalyse ein Hydridtransfer in dem ternären Komplex aus OAB, Boranreagenz und Pinakolon sein muß. Dieses Ergebnis bestätigt den von Corey postulierten Mechanismus der CBS Reaktion. Die Abstufung in der Reaktivität der Katalysatoren korreliert mit den gemessenen ee Werten. Refs. 98,99,104, 107.
     

    Diese Untersuchungen wurden vom BMBF und von der Adolf Messer Stiftung unterstützt.